Trotz Bus- und Bahn-Streik zur Arbeit

24.03.2023 | Für Montag, 27. März rufen ver.di und EVG gemeinsam zu Verkehrs- und Infrastrukturstreiks auf. Dadurch wird es bundesweit zu erheblichen Einschränkungen im Verkehr kommen. Viele Pendlerinnen und Pendler werden dadurch zu spät oder gar nicht zur Arbeit kommen. Welche Folgen hat das arbeitsrechtlich?

Wichtig ist, dass der Arbeitgeber so früh wie möglich über anstehende Verspätungen informiert werden muss.

1.     Miteinander Reden
Wir empfehlen, dass Betriebsrat, aber auch einzelne Beschäftigte, sich mit ihrem Arbeitgeber darüber verständigen, wie am besten mit dieser Situation umgegangen wird. Insbesondere durch die Corona-Krise waren wir in den letzten Jahren schon vielfach in solchen Situationen und konnten vielfach gute Lösungen finden.

Besteht die Möglichkeit des Mobilen Arbeitens, dann kann die Arbeit unproblematisch jenseits des Büros erledigt werden. Auch die kurzfristige Gewährung von (Rest-) Urlaub oder der Abbau von Gleitzeitkonten sollte ermöglicht werden. Der Arbeitgeber sollte auf seine Rücksichtnahmepflicht erinnert werden.

Die Betriebsparteien könnten ihre Arbeitszeitvereinbarungen auch auf diese Möglichkeiten überprüfen und, falls nötig, modifiziert. Betriebsräte können bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG mitbestimmen und z.B. eine Regelung verlangen, dass die herkömmlichen Anmeldefristen für mobile Arbeit verkürzt werden.

2.     Beschäftigte tragen das Wegerisiko
Ein Streik im Nahverkehr, der die Beschäftigten daran hindert, zum Arbeitsplatz zu gelangen, ist keine Betriebsstörung. Da der Betrieb selbst nicht vom Arbeitskampf betroffen ist, finden Regelungen zum Betriebsrisiko aus den Manteltarifverträgen geregelt sind, keine Anwendung.

Stattdessen gilt grundsätzlich das sogenannte Wegerisiko: Es liegt an den Beschäftigten, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Verspätungen oder Nichterscheinen geht zu ihren Lasten. Das BAG hat dies z.B. für witterungsbedingte Verkehrsbehinderungen entsprechend entschieden (BAG vom 8. September 1982 - 5 AZR 283/80). Es liegt auch kein Fall des § 616 Abs. 1 BGB (vorübergehende Verhinderung aus persönlichen Gründen), da das Leistungshindernis nicht in der Person des Beschäftigten begründet ist, sondern auf den Streik, der alle gleichermaßen betrifft, zurückzuführen ist.

3.     Zumutbare Alternativen
Der Beschäftigte muss nach Alternativen suchen. Er ist grundsätzlich verpflichtet, alles Zumutbare zu unternehmen, um den Arbeitsplatz trotz Streik rechtzeitig zu erreichen. Das kann die Anreise mit dem eigenen Auto, mit einer Fahrgemeinschaft sein. Auch Mietwagen und Carsharing-Angebote kommen in Frage. Bei nicht allzu weiten Entfernungen könnte es auch das Fahrrad sein; vielleicht sogar zu Fuß. Bei nicht zu hohen Kosten kann es sogar zumutbar sein, ein Taxi zu benutzen. Notfalls müssen Beschäftigte den Arbeitsweg auch deutlich früher als sonst antreten und ggf. am Vortag anreisen.
Das Ganze muss aber in einem vernünftigen Verhältnis stehe.

4.     Ohne Arbeit kein Lohn
Kann der Beschäftigte nicht am Arbeitsplatz erscheinen, kann der Arbeitgeber das Entgelt kürzen. Es gilt der gesetzliche Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". In der Regel besteht keine Nacharbeitspflicht.

5.     Abmahnung
Der Arbeitgeber könnte im Einzelfall auch eine Abmahnung aussprechen, wenn Beschäftigte (auch entschuldigt) am Arbeitsplatz nicht erscheinen. Ob das angesichts der Situation angebracht ist, darf angezweifelt werden.

Die Einzelfälle sind vielfältig. Wir raten daher zu prüfen, ob es hierzu betriebliche Regelungen gibt.
Tarifverträge enthalten meist nur Regelungen zum Betriebsrisiko.

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