Es ist fünf vor zwölf!

25.09.2023 | Offener Brief an die Landesregierung der Thüringer Allianz Pro Industriestrompreis: Für die Wettbewerbsfähigkeit unserer energieintensiven Industrie und die Sicherung Tausender Arbeitsplätze.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Ramelow, sehr geehrter Herr stellv. Ministerpräsident Tiefensee,

unsere energieintensive Stahlindustrie in Thüringen braucht wettbewerbsfähige Energiepreise! Aus Verantwortung für unsere zukunftsfähigen Betriebe und Tausende von Beschäftigten tragen wir die Kernforderung der bundesweiten „Allianz Pro Brückenstrom“ an Sie heran:

Bitte nutzen Sie alle politischen Mittel, um die Bundesregierung zu überzeugen!

Eine gemeinsame Aktion aller Ministerpräsidenten – wie jüngst in Brüssel – könnte auch in Berlin ein geeignetes Mittel sein. Wir möchten Sie ermutigen, dies mitanzuschieben. Unter dem internationalen Preis- und Wettbewerbsdruck bleibt nur wenig Zeit, die Chancengleichheit für unsere einheimische Produktion herzustellen.

Wir sind empört über wenige, aber einflussreiche Gegenstimmen von staatlichen Maßnahmen. Auch die Frage nach der Zukunftsfähigkeit unserer Branche stellt sich nicht: Unter fairen Bedingungen hat unser Grüner Stahl eine Goldene Zukunft! Investitionen als Bekenntnis zur ökologischen Transformation sprechen für sich. Allerdings muss die Politik kurzfristig mit einem garantiert festgelegten Industriestrompreis auf mehrere Jahre und einer mittelfristigen Planungssicherheit reagieren. Wir brauchen jetzt Verlässlichkeit.

Wir wissen, bei Ihnen auf offene Ohren zu stoßen, daher möchten wir uns auf wenige auf Thüringen bezogene Argumente beschränken, die auch für die Bundesregierung wichtig sind:

· Die Stahlindustrie ist ein Herzstück der Thüringer Wirtschaft. Silbitz Guss und das Stahlwerk sind weltweit tätig, aber mit ihrem Hauptsitz in Silbitz bzw. Unterwellenborn für unser Bundesland unverzichtbare Leuchttürme. Beide Unternehmen sind tarifgebunden und agieren als Vorzeigeunternehmen für die bisherige und künftige Entwicklung der Region.

· Einheimische Gießereien sind notwendig für die Energiewende. Die Silbitz Gruppe leistet einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz: Bereits heute werden mehr als zwei Drittel des Gesamtumsatzes mit Gussteilen für die regenerative Energiegewinnung erwirtschaftet. Die Silbitz Group ist als bedeutender Produzent von Naben für Offshore-Windkraftanlagen für die Umsetzung des Offshore-Programms für Nord- und Ostsee sowie die Erreichung der Klimaziele der Europäischen Union unverzichtbar.

· Das Stahlwerk Thüringen beschäftigt 760 Mitarbeiter und liefert jährlich 800.000 Tonnen Formstahl in über 60 Länder. Als Motor der Kreislaufwirtschaft recycelt es ca. 1.000.000 Tonnen Stahlschrott pro Jahr. Mit der positiven Entwicklung hinsichtlich CO2-Neutralität des Unternehmens sowie seiner Produkte – Stahlträger aus dem Stahlwerk Thüringen bilden mit 330 kg CO2 je Tonne Stahl den Benchmark in Europa und der Welt – kann dies nur mit einer verlässlichen Planung der Energiepreise zu fairen Bedingungen fortgeführt werden.

· Ungleicher Wettbewerb herrscht sogar in Europa, gerade weil andere Länder wie Italien oder Spanien bereits seit dem vergangenen Jahr einen deutlich niedrigeren, staatlich massiv subventionierten Industriestrompreis für die Stahlindustrie geschaffen haben. Seither sehen wir uns auch auf dem europäischen Markt in einer signifikant nachteiligen Wettbewerbssituation.

Wenn es Deutschland nicht gelingt, wirtschaftlich verlässliche Parameter vor allem in Sachen Strompreis zu schaffen, kaufen unsere heutigen Kunden in zunehmendem Maße auf anderen Märkten. Wäre es angesichts der globalen Klimakrise wirklich besser, wenn beispielsweise chinesische Firmen dieses Geschäft übernähmen, die ihre Energie überwiegend aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken beziehen? Wie ließe sich dieser Widerspruch mit der von der EU angestrebten Energiewende vereinbaren?

Verantwortungsvolle Industriepolitik ist auch nachhaltige Klimapolitik! Daher ersuchen wir dringend um Ihre Unterstützung.

Wir appellieren an Sie, unsere Argumente mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nach Berlin zu tragen!

Dr. Torsten Tiefel (Silbitz Group, Geschäftsführer), Sina Neumann und Alexander Stolze (Stahlwerk Thüringen GmbH, Geschäftsleitung), Christoph Ellinghaus (IG Metall Jena-Saalfeld und Gera, 1. Bevollmächtigter)

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