IG Metall im Bezirk Mitte befürchtet massive Auseinandersetzungen um Entgelt und Beschäftigung

19.06.2020 | In über 70 Prozent der Betriebe wird kurzgearbeitet oder droht Kurzarbeit In 42 Prozent der Betriebe sind nahezu komplette Belegschaften in Kurzarbeit oder von Kurzarbeit bedroht Über 30 Prozent der Betriebe rechnen mit einer Kurzarbeitsphase von mehr als sechs Monaten

Die IG Metall hat vor wenigen Tagen zum dritten Mal die wirtschaftliche Lage vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie in der Metall- und Elektroindustrie abgefragt. An der Abfrage haben sich 934 Betriebe aus Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen beteiligt. Davon gaben 655 Betriebe an, dass Kurzarbeit umgesetzt oder geplant sei, also knapp über 70 Prozent derer, die sich an der Befragung beteiligten. Den weitaus größten Anteil weist das Saarland aus, hier ist für 87 Prozent der Betriebe Kurzarbeit vereinbart. 

49 Prozent gaben an, dass seit April kurzgearbeitet wird oder Kurzarbeit beantragt worden sei. Darunter sind 78 Betriebe, für die im Mai Kurzarbeit eingeführt worden ist und 55, die im Juni neu hinzugekommen sind. Nahezu komplette Belegschaften sind in rund 44 Prozent der Betriebe in Kurzarbeit. In 20 Prozent der Betriebe wird mit einer Kurzarbeitsphase von bis zu sechs, in knapp 25 Prozent mit einer Phase von mehr als sechs Monaten Kurzarbeit gerechnet. Insgesamt 95 Betriebe standen und/oder stehen zeitweise völlig still. Für etwa 60 Prozent der von Kurzarbeit betroffenen oder bedrohten Beschäftigten konnten IG Metall und Betriebsräte eine zumindest zeitweise Aufstockung des Kurzarbeitergeldes im Betrieb erreichen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass vierzig Prozent massive Einkommensverluste infolge der Kurzarbeit haben.

Ermittelt hat die IG Metall auch mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Gesundheits- und Hygienevorschriften: In einem Fünftel der befragten Betriebe gibt es solche Probleme, hier ist der Anteil mit über dreißig Prozent in Thüringen überdurchschnittlich hoch.  

Jörg Köhlinger, Leiter des IG Metall Bezirks Mitte: „Die Metall- und Elektroindustrie ist weit von Normalität entfernt. Sie steckt in einer tiefen Rezession, dies betrifft die ganze Breite der Branchen: Fahrzeug- und Flugzeugbau, Maschinen- und Anlagenbau, Gießereien, Stahlindustrie und weitere. Selbst wenn erste Zeichen einer Erholung erkennbar sein würden, besteht gleichzeitig großer Druck auf Strukturen und Kosten, auch in Folge der dynamisierten Triebkräfte der Transformation. Ich befürchte, dass dies schon bald flächendeckend zu massiven Auseinandersetzungen um Beschäftigung, Standorte, Entgelte und Arbeitsbedingungen führen wird. Darauf müssen wir uns als IG Metall einstellen und vorbereiten.“ 

Köhlinger verweist in diesem Zusammenhang auf ein Papier des Arbeitsgeberverbandes Gesamtmetall, in dem ein sozialpolitisches Rollback gefordert werde: „Gesamtmetall fordert darin, Reformprojekte wie die Grundrente und die Eingrenzung sachgrundloser Befristung zu stoppen, Erreichtes rückabzuwickeln (Rente mit 63, paritätische Finanzierung der Krankenversicherungsbeiträge, Begrenzung der Leiharbeit) und Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte einzuschränken. Vor wenigen Wochen wurde auf dem Höhepunkt der Pandemie gesamtgesellschaftliche Solidarität gefordert, nun scheint Gesamtmetall genau dies aufkündigen zu wollen. Dagegen wird sich die IG Metall mit allen Mitteln zur Wehr setzen – wir stehen für eine solidarische Gesellschaft ein.“

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