Interviewserie zum Tarifkampf im Stahlwerk Thüringen

35 geht – so wie in Ilsenburg!

04.11.2022 | „35 geht!“ – das sagen Stahlwerkerinnen und Stahlwerker, die es wissen müssen.-Wir tragen Erfahrungen und Argumente aus anderen Bezirken zusammen. Diesmal haben wir bei Janek Tomaschefski (Erster Bevollmächtigter der IG Metall Halberstadt) in Sachsen-Anhalt angerufen.

Grafik: Pressebüro Horst Martin

Seit wann gibt es bei der Ilsenburger Grobblech GmbH, einem Konzernbetrieb der Salzgitter AG, die 35-Stunden-Woche?
Janek Tomaschefski: Das ist schon richtig lange her: etwas mehr als bald werden es zwanzig Jahre! Es gibt keinen Zweifel, dass es damals der richtige Schritt war. Seither sind die Krankenstände deutlich niedriger. Was Gesundheit für uns bedeutet, wissen wir alle.

Warum ist „die 35“ gerade im Stahl so wichtig?    
Aktuell ist es vielleicht DER zentrale Erfolgsfaktor. Nur so kann man unsere boomende Branche für die dringend benötigten Fach- und Arbeitskräfte attraktiv machen. Wir hier in Ilsenburg haben vor kurzem das beste Beispiel erlebt: Um die vollen Auftragsbücher abzuarbeiten, musste eine fünfte Schicht eingerichtet werden. Insgesamt wurden am Ende gut 90 Stellen besetzt. Die Leute kamen wie von selbst aus den umliegenden M+E-Betrieben, die noch die 38-Stunden-Woche haben.

Wie wirkt sich das für die Region aus?    
Bestens! Die drei Betriebe von Thyssen Krupp in der Nachbarschaft beeilen sich jetzt, freiwillig auch von 38 auf 35 Stunden runterzugehen, damit ihnen nicht noch mehr Leute weglaufen. Wir nutzen dafür die Möglichkeit einer freiwilligen Betriebsvereinbarung, die wir in der letzten Tarifrunde erkämpft haben. Meine Position als Verhandlungsführer wird durch diese Situation massiv gestärkt. Ich gehe fest davon aus, dass wir bei Thyssen Krupp in den nächsten Wochen zu einem Abschluss kommen.

Wie schaut ihr in die Zukunft?    
Optimistisch. Unsere vollen Auftragsbücher, unsere Leistungsstärke und unsere gewerkschaftliche Kraft lassen uns ruhig schlafen. Auch die Arbeitgeberseite weiß, den Standort zu schätzen: Investitionen von ca. 290 Millionen Euro in den letzten Jahren sind ein klares Commitment! Unser Selbstbewusstsein haben wir uns erkämpft – und das gibt auch heute Rückenwind.

Interview: Horst Martin

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